Ich sitze in der S-Bahn auf dem Weg zur Bits & Pretzels und bin unfassbar entspannt. Den Kaffee in der einen, die Brezen in der anderen Hand, meine Kopfhörer im Ohr und noch eine Folge meines Lieblings Podcasts to go. Entspannt und voller Vorfreude, ohne jeglichen Druck, ohne jegliche Erwartungen darf ich mich durch die nächsten zwei Tage treiben lassen.

Während die Bahn eine Station nach der nächsten abhakt, gehe ich im Kopf noch einmal meine Stationen der letzten Jahre durch: Vor zehn Jahren bin ich genau mit dieser S-Bahn genau diese Strecke Tag für Tag gefahren. Eine Haltestelle vor der Messe war für mich Endstation; die Redaktion von Sat.1 in der ich einige Jahre als Reporterin gearbeitet habe. Was für ein Flashback. Was für eine Entwicklung.

Denn heute geht die Fahrt für mich weiter, als Unternehmerin on my way zur ersten Bits & Pretzels, dem heiligen Gral für Alles was sich im Start-up Universum tummelt. Für die Meisten bedeutet diese Station die Möglichkeit sich Investoren mit ins Boot zu holen; schon im Vorfeld kann man gut durchgetaktet Termine mit den potentiellen Geldgebern ausmachen. 20 Minuten slots um dem Gegenüber den nach oben zeigenden cäsarischen Daumen zu entlocken. Oder nur ein müdes Kopfschütteln und der gelangweilte Blick auf die Uhr. Was für ein Stress, was für ein Druck, was für ein Glück, dass ich hier auf anderer Mission unterwegs sein darf. Mission genießen, Mission “go with the flow”.

Das Einzige, was ich mir im Vorfeld organisiert habe, sind Panels die mich interessieren. Und Treffen mit bekannten Gesichtern, die ich noch viel spannender finde. Micha Fritz und Carolin Stüdemann von Viva Con Agua oder Klaus Haas von Maloja stehen auf dem Plan. Und natürlich die Diskussion mit Michelle Obama on stage. Insgesamt geht es nicht um Geld, es geht um den Austausch. Um das Zuhören. Um Ideen. Den Einsatz auf Augenhöhe für die gemeinsame Vision. Nicht um das latente Fragen nach Geld. Was für ein Privileg. Dafür bin ich dankbar.

Doch ich bin auch dafür dankbar, dass diese Veranstaltung es schafft, so viele Menschen miteinander zu verbinden, die auf monetäre Unterstützung angewiesen sind. Um ihren Traum auf die Strasse zu bringen. Um ihre Vision nach vorne zu puschen. Wahrscheinlich auf eine sympathischere, menschlichere Art und Weise als es sonst in der Szene üblich ist?! Das Gefühl vermitteln mir die zwei Tage zumindest.

Tatsächlich fahre ich ohne jegliche Aussicht auf jegliches Geld für mein Start-up zurück nach Berlin. Doch das, was ich mit im Gepäck habe, ist viel mehr Wert. Das Wissen, dass ich innerhalb der letzten zwei Jahre Unternehmertum viele tolle Menschen kennen lernen durfte. Das Wissen, dass die Meisten davon nicht nur Geschäftspartner sondern mittlerweile sogar Freunde sind. Das Wissen, dass ich Einigen von ihnen auf der Bits & Pretzels wieder begegnen durfte und last but not least, dass all das so viel mehr Wert ist, als jegliches Investment dieser Welt.

Die Brezen auf dem Weg zurück schmeckt noch viel besser als vor zwei Tagen. Irgendwie gehaltvoller würde ich sagen.
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Janina Breitling: Mutter, Journalistin, Weltenbummlerin, Autorin, CEO & Gründerin von nookees.
2019 macht sie Schluss mit Periodenprodukten voller Plastik und falscher Versprechen. Aus dem Impuls einer unzufriedenen Kundin, entwickelt sie eine völlig neue Technologie – und gründet mit Unterstützung von smartaxxess ihr eigenes Start-up. In Kooperation mit der Toni Garrn Foundation und Viva con Agua setzt sich Janina mit ihrer nookees Foundation
gegen Periodenarmut in Entwicklungsländern ein und spendet für jedes verkaufte Produkt an Menschen, die es sich sonst keine Menstruationsprodukte leisten könnten. Sie lebt mit ihrem Sohn in Berlin. Mehr Infos unter www.nookees.com